Mittlerweile sollte die Professionalisierung im Management auch die Nonprofit-Organisationen erreicht haben. Nach einigen ernüchternden Erfahrungen in den letzten zwölf Monaten fühle ich mich befugt zu sagen - mitnichten.
Der Druck auf die NPO, seien sie in humanitärer oder sozialer Mission, seien sie eher kampagnen- oder projektorientiert unterwegs, neutral oder kirchlicher Färbung, steigt. Etliche Marketing- und Kommunikationsverantwortliche sowie Fundraiser kleinerer bis mittlerer Organisationen, mit denen ich gesprochen habe, zerbrechen sich den Kopf, wie sie den Mitgliederabfluss stoppen und das Spendenvolumen steigern können. Einige klagen, dass Cash knapp wird. Die Reserven seien aufgebraucht, der Mitgliederbestand überaltert. Viele Mitglieder seien in Altersheimen, und es häuften sich bei Mailings die Rückmeldungen, dass besagte Person verstorben sei. Gleichzeitig folgten keine neuen Mitglieder nach. So gingen die Spenden zurück. Dank einiger Legate können NPO mit starker Bindung bisheriger Mitglieder einigermassen überleben. Nur - wie lange noch?
So wird schnell nach einem Fundraising-Konzept gefragt. Oder nach einem Kommunikationskonzept, um die Organisation bekannter zu machen. Verständlich. Ich stelle dann ein paar einfache Fragen: "Was ist euer Ziel? Was wisst ihr über euer Umfeld? Welches sind eure Bezugsgruppen? Was ist eure Strategie? Wie seid ihr positioniert? Wie grenzt ihr euch ab? Braucht es euch überhaupt noch?". Meistens gibt es keine Antworten darauf, eher noch mehr Fragen. In einigen Fällen konnten wir Strategiepapiere besprechen, die ihre Tinte nicht wert sind. Im besten Falle hiess es, man sei gerade daran, die Strategie zu überarbeiten. Dass dabei Mitglieder des Stiftungsrates, oder gar Präsidenten, nicht einmal über eine Mailadresse verfügen und per Post bedient werden müssen, stimmt hinsichtlich der künftigen Strategie der jeweiligen Organisation nicht gerade zuversichtlich.
Ein gutes Herz am richtigen Fleck haben viele. Doch das genügt schlicht nicht mehr, auch nicht, wenn man sich in den Dienst einer verdienstvollen Mission stellt und mehr als ein Hobbyverein sein will. Gute Strategiearbeit gehört dazu und geht nun mal vor Kommunikation und Fundraising, um eine Organisation langfristig abzusichern. Nur so kann eine NPO im hart umkämpften Markt Stiftungsgelder akquirieren, Spender oder gar neue Mitglieder gewinnen.
Ein erster Schritt ist es, Professionalität in die Stiftungsräte zu bekommen und eine umsichtige Strategie zu definieren. Wenn das nicht gelingt, darf durchaus die Frage nach der Existenzberechtigung gestellt werden.
Prof. Rodolfo Ciucci
Dozent für Kommunikation
Fachhochschule Nordwestschweiz
Hochschule für Wirtschaft
rodolfo.ciucci@fhnw.ch