Mit weniger Mitteln mehr erreichen - mehr Reichweite, Aufmerksamkeit, Klicks oder Erträge. Das war schon immer der Heilige Gral des Marketing. Und plötzlich scheinen wir in gefunden zu haben. Er besteht aus ein paar Programmzeilen – genannt Social Bots, kleine Applikationen, die so tun, als wären sie Menschen, indem sie einen Social Media-Account eröffnen und sogleich unermüdlich zu posten beginnen. Auf Github, dem Selbstbedienungsladen der Open-Source-Programmierer, finden sich über 5000 Anleitungen zur Herstellung solcher Bots. Auf Twitter sind mittlerweile 48 Millionen Bot-Accounts identifiziert worden – Prognose: stark zunehmend. Und bei umstrittenen politischen Sachfragen oder Wahlen ist mit 20% maschinell produzierten Beiträgen zu rechnen.

Ist das gut oder schlecht? Gegenfrage: Warum soll eine Maschine keinen vernünftigen Diskussionsbeitrag zustande bringen – jedenfalls etwa so vernünftig wie der eines (un)vernünftigen Menschen? Und eine Anschlussfrage: Warum nicht Social Bots für die Nonprofit-Marketing einzusetzen? Zum Monitoring von Themen, zur Identifikation von Themeninteressen, zum Sammeln von Spenderprofilen, zum personalisierter Dialog mit Anspruchsgruppen, zur Wiederverwendung oder Zusammenfassung von Content für andere Kanäle oder zur automatisierten Mitgliedschafts-Erneuerungs-Kommunikation? Die Antwort lautet, vorsichtig und indirekt formuliert: Heilige Grale kann man nur suchen, aber niemals finden. Das ist bei Garrett Hardin nachzulesen, The Tragedy of the Commons, die wohl ernüchterndsten fünf Seiten der Marketing-Literatur. Nach anfänglichen Social-Bot-Erfolgen verflüchtigt sich durch allseitigen Übergebrauch die Wirkung so rasend schnell, dass wieder ein neuer Heiliger Gral hermuss – wo immer dieser zu suchen (und nicht zu finden ) ist…

Prof. Dr. Stefan Gürtler
Dozent für Kommunikation
Fachhochschule Nordwestschweiz
Hochschule für Wirtschaft
stefan.guertler@fhnw.ch

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Veröffentlicht unter NPO-Kommunikation, NPO-Strategie

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