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Originalsprache des Artikels: Deutsch
Autor: Oliver Peter Graber

Die Premiere des Buches „Großzügigkeit im Dialog – der Leitfaden für die Zusammenarbeit mit Mäzenen und Philanthropen“ (Haupt Verlag) von Elisa Bortoluzzi Dubach bildete am 4. Juni 2023 im Wiener Hotel Imperial den glanzvollen Rahmen für das Symposium „Die Energie des Musik Mäzenatentums“.

Die von der Fachpresse bereits im Vorfeld als Standardwerk begrüßte Publikation [1] bietet essenzielle Anregungen für einen gelungenen Pas de deux zwischen Mäzen*innen und Antragssteller*innen, wobei das Werk in seiner Gesamtheit die umfassende, langjährige Praxis von Elisa Bortoluzzi Dubach als international führende Expertin am Sektor der Sponsoring-, Stiftungs- und Kommunikationsberatung sowie Dozentin und Publizistin atmet.

Gemeinsam mit ihrer Mitautorin Chiara Tinonin ist es ihr damit erneut gelungen, eine Lücke in der Fachliteratur zu schließen, wobei die Autorinnen ihre Erlöse der ersten Ausgabe einem Solidaritätsfonds für in Not geratene Musiker*innen zu Gute kommen lassen und damit ein ideales Beispiel für den Kernbereich des von der JAM MUSIC LAB Private University zusammen mit der Initiative Wirtschaft für Kunst und dem Verband für gemeinnütziges Stiften initiierten Gipfeltreffens von internationalen Expertinnen und Experten gaben.

An dieser Stelle in alphabetischer Reihung genannt, diskutierten dabei Brigitte Kössner-Skoff (Geschäftsführerin der Initiativen Wirtschaft für Kunst) und Ruth Williams (Generalsekretärin des Verbandes für gemeinnütziges Stiften) sowie Wilhelm Gloss (Präsident der Österreichischen Gesellschaft vom Goldenen Kreuze), Stefan Ottrubay (Direktor der Esterhazy Betriebe GmbH und Mitglied im Direktionsrat der Esterhazy Stiftungen), Gregor Willmes (Vorstand der Carl Bechstein Stiftung) und Norbert Zimmermann (Vorstand der Berndorf Stiftung) aktuelle Herausforderungen des Musik Mäzenatentums vor dem Hintergrund populärer Musikstile (Jazz, Rock, Pop, Medienmusik) wie deren universitärer Verortung.

2017 als Privatuniversität (im Sinne einer GmbH) erstakkreditiert, fokussiert sich die JAM MUSIC LAB Private University als einzige Musikuniversität Österreichs stiloffen auf Jazz und das zeitgenössische Musikschaffen, wodurch sich die erfrischende thematische Klammer des Wiener Brainstormings ergab. Das Leistungsspektrum der JAM umfasst u.a. Bachelor- und Masterstudien in den Sektoren Musik und Musikpädagogik sowie Forschungseinrichtungen zu den Themenbereichen „Artistic Research“ und „Musikmedizin mit Schwerpunkt Arts for Health“.

In der Berndorf Stiftung, deren Vorstand Norbert Zimmermann als routinierter Saxophonist überdies Mitglied eines für karitative Zwecke konzertierenden Jazz-Ensembles ist, findet sich ein zentraler Wegbegleiter seit ihrer Gründung, die ab 2022 gesetzte Initiative am Sektor Musikmedizin führte darüber hinaus zu einem berichtenswerten Zuwachs an philanthropischem Engagement.

Mit der „Österreichischen Gesellschaft vom Goldenen Kreuze“ (ÖGGK), die 2023 ihr 130 Jubiläum feiert, fand sich eine Kooperation, die dereinst wie heute vom Gedanken der Gesundheitsvorsorge und Gesundheitskompetenz, wie diese auch 1986 in der „Ottawa-Charta“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) formuliert wurde, ihren Ausgang nimmt. Präsident Wilhelm Gloss unterstrich dabei die durch zahlreiche Studien [2, 3, 4, 5, 6] gesicherte Bedeutung, welche der musikgestützten Demenzforschung unter Bedachtnahme auf demographische Entwicklungen zukommt. Dies folgt auch der langjährigen Praxis der ÖGGK, Kunst- und Kulturförderung unter dem holistischen Aspekt „geistiger Gesundheit“ zu realisieren: „Wir befassen uns schon seit längerem mit dem Thema Demenz, und bei Menschen mit Demenz scheint Musik außerordentlich intensiv zu wirken. Die Demenzforschung soll deshalb in der musikmedizinischen Forschung einen Schwerpunkt erhalten. Ähnliches gilt für die Digitalisierung im 2 Gesundheitswesen: Wir wissen aber, dass dies viele Herausforderungen mit sich bringt und begrüßen aus diesem Grund auch den neuen JAM-Lehrgang Digital Arts for Health“.

Für die Carl Bechstein Stiftung, welche sich ebenfalls am Sektor der Musikmedizin an der JAM positioniert, unterstrich Vorstand Gregor Willmes bei identer Bezugnahme auf die Studienlage die besondere Wertigkeit des Klaviers: „Der neue Studiengang für Musikmedizin war ein wesentlicher Grund, um uns für die JAM einzusetzen. Besonders interessant finden wir hier die Ansätze zur Demenzforschung. Im neuen Institut soll beispielsweise erforscht werden, inwieweit das Klavierspiel sich zur Vorbeugung oder Behandlung von Demenzerkrankungen eignet. Das ist für eine Stiftung, die das Klavierspiel fördern möchte, natürlich von höchstem Interesse. Darüber hinaus interessiert uns auch das Thema der Fokalen Dystonie, eine Krankheit, die leider immer wieder professionellen Musiker*innen und vor allem auch Pianist*innen das Leben schwer macht, einige sogar zur Aufgabe ihres geliebten Berufs zwingt. Diese Krankheit weiter zu erforschen und vor allem auch weitere und bessere Heilungsmethoden zu finden, ist für uns von großer Bedeutung.“

In diesem Zusammenhang sei die besondere Tradition der Verbindung von Musik und Physiologie in Österreich skizziert, da diese im Rahmen des Symposiums in Form der Beteiligung von Stefan Ottrubay besonders eindrücklich unterstrichen wurde. So war es der „Kapellmeister der Esterházys“, Joseph Haydn (1732 – 1809), der nicht nur die so genannte „Wiener Klassik“ mitbegründete, sondern sich dabei auch spezifischer Herangehensweisen und Konzepte bediente, die man heute dem Sektor der „empirischen Musikwirkungsforschung“ – einem Schwerpunkt der JAM – zuordnen könnte.

Insbesondere zwei Zeugnisse Haydns geben davon eindrucksvoll Kenntnis: „Mein Fürst war mit allen meinen Arbeiten sehr zufrieden, ich erhielt Beyfall, ich konnte als Chef eines Orchesters Versuche machen, beobachten, was den Eindruck hervorbringt, und was ihn schwächt, also verbessern, zusetzen, wegschneiden, wagen […] und so mußte ich original werden“ bzw. „Ist es ein Allegro, das mich verfolgt, dann schlägt mein Puls immer stärker, ich kann keinen Schlaf finden. Ist es ein Adagio, dann bemerke ich, daß der Puls langsam schlägt. Die Phantasie spielt mich, als wäre ich ein Klavier.“ [7]

Als Resümee der ersten Wiener Veranstaltung dieser Art, die auch im Publikum das Interesse hochrangiger Philantrop*innen auf sich zog, ist abschließend festzuhalten, dass das Engagement von Mäzen*innen bzw. Stiftungen am Sektor Jazz und populäre Musikstile sowie der facheinschlägigen universitären Lehre in Österreich, wie am Beispiel der JAM MUSIC LAB Private University zu zeigen ist, erst in geringem Masse stattfindet und sich diesbezügliches Interesse somit noch in statu nascendi befindet. In Österreich aktuell gültige Bestimmungen (z.B. im Hinblick auf das Steuerrecht sowie das Privatstiftungsgesetz) würden sich dabei laut übereinstimmender Aussage mehrerer Referent*innen wie Teilnehmer*innen als generell limitierender Faktor erweisen. Dies trifft jedoch selbstredend auf alle philanthropischen Aktivitäten in Österreich zu und ist damit kein besonderes Merkmal für den Sektor Musik, im Konkreten Jazz- und Popularmusik. In Form der „Musikmedizin mit Schwerpunkt Arts for Health“ erwächst dem Standort Wien vor seiner einmaligen historischen Kulisse aktuell jedoch ein Motor, der internationales Interesse bzw. Engagement generiert. Eine weiterführende Analyse aus globaler Sicht wie eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema wäre demnach lohnend und könnte auch den Inhalt einer weiteren Publikation von Elisa Bortoluzzi Dubach bilden. Einigkeit herrschte auch in Bezug auf Augenhöhe in der Begegnung zwischen Philanthropie und Musik, sodass der Rektor der JAM, Marcus Ratka, das harmonische Miteinander auch in seinem Schlusswort würdigte: „Die Bereitschaft von Philanthrop*innen, Musik und Musikausbildung substanziell zu unterstützen, bildet eine wichtige Grundlage zur Weiterentwicklung von Gesellschaft und Kultur. Als Universität möchten wir neue Wege zu einem kreativen Zusammenwirken von Mäzen*innen und Künstler*innen fördern und sehen im Aufbau visionärer und nachhaltiger Projekte in diesem Feld eine große Verantwortung. Der Jazz, als die Kunst der Improvisation, leitet uns im Rahmen dieser Ambition an.“

Referenzen:

[1] www.haupt.ch/buecher/soziales-wirtschaft/grosszuegigkeit-im-dialog.html, abgerufen am 6.6.2023
[2] Vaquero L, Hartmann K, Ripollés P, Rojo N, Sierpowska J, François C, Càmara E, van Vugt FT, Mohammadi B, Samii A, Münte TF, Rodríguez-Fornells A, Altenmüller E. Structural neuroplasticity in expert pianists depends on the age of musical training onset. Neuroimage. 2016 Feb 1;126:106-19. doi: 10.1016/j.neuroimage.2015.11.008. Epub 2015 Nov 14. PMID: 26584868.
[3] Hudak EM, Bugos J, Andel R, Lister JJ, Ji M, Edwards JD. Keys to staying sharp: A randomized clinical trial of piano training among older adults with and without mild cognitive impairment. Contemp Clin Trials. 2019 Sep;84:105789. doi: 10.1016/j.cct.2019.06.003. Epub 2019 Jun 18. PMID: 31226405; PMCID: PMC6945489.
[4] James CE, Altenmüller E, Kliegel M, Krüger THC, Van De Ville D, Worschech F, Abdili L, Scholz DS, Jünemann K, Hering A, Grouiller F, Sinke C, Marie D. Train the brain with music (TBM): brain plasticity and cognitive benefits induced by musical training in elderly people in Germany and Switzerland, a study protocol for an RCT comparing musical instrumental practice to sensitization to music. BMC Geriatr. 2020 Oct 21;20(1):418. doi: 10.1186/s12877-020-01761-y. PMID: 33087078; PMCID: PMC7576734.
[5] Jünemann K, Marie D, Worschech F, Scholz DS, Grouiller F, Kliegel M, Van De Ville D, James CE, Krüger THC, Altenmüller E, Sinke C. Six Months of Piano Training in Healthy Elderly Stabilizes White Matter Microstructure in the Fornix, Compared to an Active Control Group. Front Aging Neurosci. 2022 Feb 15;14:817889. doi: 10.3389/fnagi.2022.817889. PMID: 35242025; PMCID: PMC8886041.
[6] Damien Marie, Cécile A.H. Müller, Eckart Altenmüller, Dimitri Van De Ville, Kristin Jünemann, Daniel S. Scholz, Tillmann H.C. Krüger, Florian Worschech, Matthias Kliegel, Christopher Sinke, Clara E. James. Music interventions in 132 healthy older adults enhance cerebellar grey matter and auditory working memory, despite general brain atrophy. Neuroimage: Reports, Volume 3, Issue 2, 2023, 100166, ISSN 2666-9560, https://doi.org/10.1016/j.ynirp.2023.100166.
[7] Unter den vielen Quellennachweisen für diese beiden Zitate findet sich z.B. leicht zugänglich: www.deutschlandfunkkultur.de/eine-langenacht-ueber-joseph-haydn-meine-sprache-versteht-102.html, abgerufen am 6.6.2023

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