Schloss am Wasser

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Liste Acheter des Family Offices

In der Schweiz existieren über 230 sogenannte Family Offices. Sie verwalten grosse private Vermögen von reichen Familien. Da Family Offices vereinzelt auch wohltätige Projekte finanzieren, können sie attraktive Anlaufstellen für gemeinnützige Hilfswerke sein. Fundraiso zeigt auf, welche Family Offices im Bereich Philanthropie tätig sind und wie Spendensammelnde an Geld kommen.

Die italienische Familie Ferrero («Nutella») hat eins und auch die reiche US-Familie Rockefeller: Ein Family Office. Solche Familienbüros sind keine Erfindung der Neuzeit. Sie existieren schon seit dem 6. Jahrhundert. Gemäss dem Bericht «Family Offices – Blick nach vorn» der ehemaligen Grossbank Credit Suisse, verwaltete damals noch der sogenannte «Hofmarschall» das königliche Vermögen. Heute sind es meist professionell organisierte Büros, die sich um Stiftungen, Immobilien, Boote, Flugzeuge, Kunstsammlungen, Wertschriften und vieles mehr von Superreichen kümmern. Wie viele Family Offices heutzutage weltweit das Vermögen wohlhabender Privatpersonen bankenunabhängig verwalten und anlegen, ist unklar: Die Credit Suisse schätzt in ihrem Bericht, dass es weltweit über 7’300 Family Offices gibt.

Verschiedene Organisationsformen: SFO, MFO und EFO

Fachleute unterscheiden bei solchen Büros zwischen einem «Single Family Office» (SFO), welches aus dem Vermögen einer einzigen Familie besteht, und sogenannten «Multi-Family Offices» (MFO). Sie verwalten das Vermögen mehrerer Familien. MFOs erbringen meist gebündelte Dienstleistungen für ihre Kunden und werden als gewinnorientierte Finanzdienstleister betrieben. Ein sogenanntes «Embedded Family Office» (EFO) ist in der Regel eine informelle Struktur, die innerhalb eines Familienunternehmens besteht. Die Mitarbeitenden eines Single Family Office sind – im Gegensatz zu Mitarbeitenden einer Bank – nur an die Weisungen der Eigentümerfamilie gebunden und handeln nur in deren Interesse. Jedes Family Office ist somit so individuell wie die Familie, der es dient. Laut dem «Single Family Office Survey 2021» der Credit Suisse arbeiten durchschnittlich zehn Personen in einem Single Family Office. Sie verwalten im Schnitt ein Vermögen von sechs Personen.

Family Offices bieten meist mehr als «nur» Vermögensverwaltung

Ein Family Office unterscheidet sich von einer klassischen Vermögensverwaltungs-Bude dadurch, dass es in der Regel Dienste anbietet, die weit über die reine Geldanlage- und -Verwaltung hinausgehen. Family Offices kümmern sich oft auch um die finanziellen, steuerlichen und juristischen Bedürfnisse reicher Familien. Neben der finanziellen Planung und Vermögensverwaltung bieten Family Offices auch Leistungen für die Vermögensstrukturierung, die Vermögensabsicherung, die Vermögensübertragung auf nachfolgende Generationen und die Gestaltung wohltätiger Zwecke. Diskretion ist für Family Offices und die superreichen Familien wichtig. Falls Family Offices überhaupt öffentlich in Erscheinung treten, dann am ehesten noch durch ihr philanthropisches Engagement. Die Recherchen für diesen Artikel zeigten: Es herrscht eine Mauer des Schweigens in der Welt der Vermögensverwaltung für Superreiche. Die rund ein Dutzend angeschriebenen Family Offices in der Schweiz wollten allesamt keine Fragen beantworten.

Zwei Schweizer Family Offices mit klingenden Namen

Angaben zur Anzahl Family Offices liefert zumindest die Datenbank von fundraiso.ch: In der Schweiz gibt es über 230 Family Offices. Namhafte Organisationen in der Schweiz sind beispielsweise die im Jahr 2017 gegründete Sandoz Family Office SA in Pully (VD) oder die 1994 vom Unternehmer Klaus J. Jacobs gegründete Jacobs Holding AG in Zürich. Das Sandoz Family Office hat seinen Sitz an derselben Adresse wie die 2018 gegründete «Fondation Philanthropique Famille Sandoz». Beide Family Offices sind gemäss Angaben auf deren Websites philanthropisch aktiv.

Familienmitglieder geben in Family Offices oft den Ton an

Family Offices arbeiten oft direkt oder indirekt mit den Stiftungen der wohlhabenden Familien zusammen. Gelegentlich sind auch Familienmitglieder im «Familienbüro» aktiv und tragen auch Verantwortung. In einer Umfrage der Credit Suisse gaben 39% aller befragten Single Family Offices in Europa an, dass Mitglieder der Familie Anlageentscheidungen treffen. Ein solches Beispiel ist die COFRA Holding AG in Zug. Sie hat ihren Sitz an derselben Adresse wie mehrere Stiftungen der schwerreichen Familie Brenninkmeijer («C&A»). Familienmitglied Charlotte Brenninkmeijer ist aktuell Geschäftsleiterin des «Anthos Family Office». Anthos födert gemäss eigenen Angaben «den Erfolg der Eigentümer und das Gedeihen der Brenninkmeijer-Familiengemeinschaft». Die auch von der Familie gegründete Schweizer Stiftung Auxilium in Zug unterstützt seit mehr als 50 Jahren Organisationen, die sich für Menschenwürde und soziale Gerechtigkeit engagieren. Die einstige C&A Familienstiftung fungiert mittlerweile unter dem neuen Namen Laudes.

Grösstes Family Office der Welt: Die Walton Enterprises LLC

Das Family Office mit dem grössten verwalteten Vermögen weltweit ist gemäss einer Top-100- Liste des US-Instituts SWF die «Walton Enterprises LLC» mit Sitz in den USA. Dieses Family Office verwaltet das Familienvermögen der Walmart-Supermarktketten-Gründer Sam und Helen Walton. Das Vermögen beträgt über 224 Milliarden US-Dollar. Die Family Offices mit den grössten Vermögen haben ihren Sitz gemäss SWF-Liste in den USA. In Grossbritannien ist ihre absolute Zahl hingegen am höchsten. Interessant zu wissen: Das Family Office Fedesa in Monaco verwaltet in Europa das grösste Vermögen in Europa mit 55 Milliarden US-Dollar. Die Schweiz gilt hinter Grossbritannien europaweit als zweitwichtigster Standort für Family Offices.

Lieblingsinvestitionszweig von Family offices: Technologie

Die beliebtesten Industriezweige, in die Single Family Offices ihr Geld investieren, sind gemäss Credit-Suisse-Bericht FinTech und BioTech-Unternehmen (56%), IT (32%), Immobilien (27%) und die Gesundheitsvorsorge (20%). In Bildung investieren gerade noch 5 Prozent aller befragten Family Offices. Nebst Investitionen in gewinnversprechende Branchen spielt aber auch die Philanthropie eine gewisse Rolle. So schreibt sich zum Beispiel die COFRA Group «Doing well by doing good» auf die Fahne. Die Holding verfolgt wie viele andere Family Offices eine philanthropische Mission. Die ATAG Family Office AG in Basel arbeitet für mehrere Familien. Das Unternehmen wirbt auf ihrer Website dafür, auch Beratungsdienste rund um das Thema Spenden anzubieten. Leider beantwortete auch die ATAG AG keine Fragen zum Thema.

Direkte Beziehungen gehen über alles

Fundraiser Andreas J. Cueni aus Basel sagt über seine Erfahrungen mit Family Offices: «Einige Family Offices sind mir schon als Sitz und Verwalterin von Förderstiftungen mit ganz unterschiedlichen Interessen begegnet. So zum Beispiel die Cofra, die Helvetic Trust und die IHAG Holding AG der Familie Bührle. Der grosse Teil der Family Offices erscheint aber nie in der Philanthropie. Die Förderthemen geben die vermögenden Familien vor. Mit Hilfe von Informationssammlungen und Verlinkungen, wie sie Fundraiso liefert, können sich Interessensschwerpunkte herauslesen lassen.» Gute Kontakte zu wohltätigen Family Offices können für FundraiserInnen zweifellos Gold wert sein. Doch welche Herangehensweise ist erfolgversprechend? Ein erfahrener Fundraiser mit Beziehungen zu Family Offices in der Schweiz schreibt auf Anfrage: «Der Kontakt zu Family Offices ist sehr persönlich. Die meisten Family Offices wollen nicht mit unqualifizierten Anfragen überschwemmt werden.» Auch er lehnte die Beantwortung von Fragen ab.

Philanthropie wird in Single Family Offices «immer wichtiger»

Auch die «Müller Family Office AG» in St. Gallen beschied Fundraiso, «keine Auskunft geben zu können». Immerhin: Andreas Schiemenz, Geschäftsführer des gemeinnützigen deutschen Family Offices «Sinngeber gGmbH», beantwortete die Fragen von Fundraiso. Schiemenz schrieb: «Gerade in den Single Family Offices wird das Thema Philanthropie immer wichtiger. Die Anfragen, Bearbeitung und Betreuung von Spendenanfragen für die Familien werden hier durchgeführt.»

Gründliche Vorrecherche als Schlüssel zum Erfolg

Um mit Family Offices in Kontakt treten zu können, ist es gemäss Insider Schiemenz wichtig, «stabile persönliche Beziehungen zu Mitgliedern eines Family Offices aufzubauen.» Als Ausgangspunkt für eine erste Kontaktaufnahme kämen soziale Netzwerke wie LinkedIn und Alumni-Vereine in Frage. Vor einer konkreten Ansprache sei eine solide Recherche unabdingbar. Es gelte zu klären, wie das Family Office organisiert und welche Person für Philanthropie ansprechbar sei. Zudem gelte es zu prüfen, ob es gemeinsame Kontakte gebe, über welche man eine Person ansprechen könne. Wichtig zu wissen sei auch, wie sich die Familie hinter dem Family Office bisher wohltätig engagiert habe.

Präzise Präsentation der Projekte ist zentral

Gut zu wissen: Family Offices sind gemäss Experten nicht für alle Non-Profit-Organisationen eine geeignetes Fundraising-Mittel. Als kleine, unbekannte Organisation sind die Erfolgsaussichten klein. Projekt-Referenzen sind bei einer Ansprache immer hilfreich. Grundsätzlich gilt: Aussagefähige Unterlagen zum Projekt müssen zwingend vorhanden sein. Dabei sind die Inhalte, die Wirkung, die Kosten, die Projektpartner und der Projektzeitraum aufzulisten. Wichtig ist auch, zu beschreiben, wie das Projekt nach der Förderung fortgesetzt wird. Eine Übersicht bisheriger Projekte mit einer Schwäche-Stärke-Auswertung kann gemäss Andreas Schiemenz ebenfalls hilfreich sein. Tobias Karow, Gründer der Stiftungsexperten-Plattform www.stiftungsmarktplatz.eu, fügt hinzu: «Schlampig ausgefüllte oder unvollständige Projektanträge, bei denen beim Family Office noch vor der Prüfung des Projektantrags viel Arbeit ausgelöst wird, dürften wenig bis gar keine Erfolgschancen haben.» FundraiserInnen müssten zudem «in der «Liga der Family Offices» spielen.

Die Zauberworte heissen Diskretion, Freundlichkeit und Fokus

Gemäss Andreas Schiemenz sind beim Umgang mit Family Offices «Diskretion, Freundlichkeit und Fokus» wichtig. Schiemenz sagt: «Gerade im Umgang mit Finanzverantwortlichen spielen auch Klarheit, Transparenz und Offenheit eine wichtige Rolle. Anders als im klassischen Fundraising zählen Daten und Fakten mehr als Emotionen.» Der hohe Zeitaufwand könne sich lohnen: «Falls man mit einem Antrag Erfolg hat, darf man sich über eine grosse Stange Geld freuen.»

Tipps für FundraiserInnen im Umgang mit Family Offices

Wenn Sie als Fundraiser Family Offices ansprechen möchten, sollten Sie folgende Punkte beachten:

  1. Passendes Family Office finden: Bevor Sie Mitarbeitende bzw. Leitungspersonen in einem Family Office ansprechen, sollten Sie sich zuvor im Detail über die Familie und deren Interessen und Bedürfnisse informieren. Klären Sie auch, ob das Family Office überhaupt gemeinnützige Projekte unterstützt. Versuchen Sie herauszufinden, welche Themen und Projekte die Familie in der Vergangenheit unterstützt hat.
  2. Kontakte knüpfen: Versuchen Sie diskret und mit Zurückhaltung, persönliche Kontakte zu Familienmitgliedern wohlhabender Familien oder Mitarbeitenden ihrer Family Offices herzustellen. Das kann zum Beispiel auf Konferenzen, Networking-Events oder durch Empfehlungen von gemeinsamen Kontakten gelingen. Aus Sicht einer Non-Profit-Organisation eignen sich für Kontakte zu Family Offices vor allem sehr erfahrene, gut qualifizierte und vertrauenswürdige FundraiserInnen, welche mit Mitgliedern eines Family Offices auf Augenhöhe sprechen können.
  3. Projekteignung klären: Family Offices unterstützen meist Leuchtturm-Projekte mit hohem Finanzierungsbedarf und grosser Ausstrahlung. Family Offices sind sehr selektiv, wenn es um Ausgaben à Fonds perdu geht. Sie werden nur in Projekte investieren, die sie als vielversprechend und sinnvoll erachten. Die Projekte müssen den Zielen und Interessen ihrer Kunden entsprechen.
  4. Überzeugendes Konzept: Entwickeln Sie ein überzeugendes Konzept und einen «Businessplan», der das Potenzial des Projekts oder der Initiative beschreibt und die Vorteile für die Familie herausstreicht. Im Konzept müssen die geplante Wirkung, Messbarkeit und die Gemeinnützigkeit aufgezeigt werden.
  5. Überzeugende Projektpräsentationen: Stellen Sie sicher, dass Sie alle relevanten Informationen zu Ihrem Projekt oder Ihrer Initiative mit vielen Zahlen klar, überzeugend und innert kurzer Zeit präsentieren können.
  6. Langfristige Beziehungen aufbauen: Stellen Sie sicher, dass Sie langfristige Beziehungen zum ausgewählten Family Office aufbauen, indem Sie die verantwortlichen Personen regelmässig über den Fortschritt Ihres Projekts oder Initiative informieren und Ihnen auch bei anderen Anliegen zur Seite stehen.

Autor: Bernhard Bircher-Suits, FundCom AG

Publié dans Fundraising

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